Flusskrebse und die Krebspest in der Schweiz – Eine kleine Übersicht

DNA-Studie zur Verbreitung der Krebspest in der Schweiz
Die Krebspest führt immer wieder zu Krebssterben in Populationen von einheimischen Flusskrebsen in der Schweiz. Forscher der Eawag haben mit Gewebeproben und 5L Wasserproben versucht, die Häufigkeit der Krebspestträger bei den invasiven Flusskrebsen nachzuweisen. In 13 von 23 untersuchten Vorkommen konnte die Krebspest nachgewiesen werden. Bei weiteren 4 Standorten konnten äusserst tiefe Werte nachgewiesen werden, welche nicht mit Sicherheit bestätigt werden können. Die Krebspest ist also bei invasiven Flusskrebsen verbreitet vorhanden. Für die Analyse empfiehlt es sich, Wasser- und Gewebeproben für eine maximale Entdeckungswahrscheinlichkeit zu kombinieren. Um eine Sicherheit einer Abwesenheit des Krebspesterregers zu erhalten sind mindestens 100 Tiere zu untersuchen.
Aktuell läuft eine weitere Studie zur Diagnostik der Krebspestvarianten am Institut für Fisch- und Wildtiergesundheit (FIWI).

Exemplarischer Umgang mit der Krebspest im Kanton Aargau
Bei einem Ausbruch der Krebspest bei Dohlenkrebsen im Frühling 2021 in der Sissle im Kanton Aargau war eine Flusslänge von 12km betroffen. Wie die Krankheit in das Gewässersystem gelangt ist, ist nicht bekannt. Als Reaktion wurde ein Sperrgebiet mit Betretungsverbot/Watverbot definiert und Fischereiutensilien müssen desinfiziert werden. Grund ist, dass sich der Erreger der Krebspest über Sporen im Wasser verbreitet. Diese werden über nasse Gegenstände, wie Stiefel, Boote und Netze in weitere Gewässer verschleppt. In der Folge kam es zu keiner weiteren Verbreitung der Krebspest. Invasive Krebsarten konnten zum Glück keine gefunden werden. Der angerichtete Schaden wurde von flussaufwärts nach flussabwärts erhoben und die Verbreitung der Krebspest wurde mit Umwelt-DNA (eDNA) anhand von Wasserproben überprüft. Da die Krebspest noch nachgewiesen wurde, bleiben die Massnahmen aktuell noch bestehen.

Es gibt nicht nur eine Variante der Krebspest
Wie bei anderen Krankheiten gibt es auch beim Erreger der Krebspest (Aphanomyces astaci) verschiedene Varianten. Der Erreger ist nur unter dem Mikroskop sichtbar, aber kann mit einem real-time PCR Test genetisch nachgewiesen werden. Aktuell sind 4 Genotypen (genetische Varianten) bekannt, eine weitere wenig bekannte Variante wird beobachtet. Die Varianten befallen unterschiedliche Flusskrebsarten und haben zum Teil auch unterschiedlich starke Krankheitsverläufe zur Folge. Je nach Variante werden sowohl bei heimischen, als auch bei nicht heimischen Flusskrebsen nicht-erkrankte Träger festgestellt. Eine Erholung von einer Variante schützt allerdings nicht vor einer Infektion mit einer anderen Variante.
Krebspesterreger werden durch Temperaturen unter -20 Grad oder über 60 Grad abgetötet, oder durch Desinfektion und komplette Trocknung.

Gefährdung durch den Marmorkrebs Procambarus fallax virginalis
Der invasive Marmorkrebs steht mittlerweile in Deutschland quasi an der Grenze zur Schweiz. Die Art ist in der Aquaristik beliebt und Vorkommen sind somit meist auf ausgesetzte Tiere zurückzuführen. Das spezielle an dieser nordamerikanischen Flusskrebsart ist, dass sie sich ungeschlechtlich fortpflanzen kann. Ein einzelnes Tier kann daher bereits für eine Besiedelung ausreichen. Wie andere invasive Krebse ist auch der Marmorkrebs ein Überträger der Krebspest. Die Haltung von Marmorkrebsen und anderen nicht-einheimischen Flusskrebsarten ist in der Schweiz generell untersagt.

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Forschung zum Schutz von einheimischen Krebsen

Diagnostik der Krebspestvarianten

Fischabstieg – Wenn Forellen stromabwärts schwimmen

Wenn keine Hindernisse in den Fliessgewässern vorhanden sind, dann können Forellen kürzere oder längere Wanderungen machen. Ein eindrückliches Beispiel ist sicherlich die Seeforellen-Laichwanderung stromaufwärts. Doch bevor eine Forelle stromaufwärts schwimmen kann, muss sie sich normalerweise zu Beginn ihres Lebens erst einmal stromabwärts bewegen. Wann passiert das? Wie viele der Jungforellen wandern ab? Kommt das auch bei Bachforellen vor?

 

Jugendliche Seeforellen

Sobald im Frühling die kleinen Forellen schlüpfen beginnen sie zu wachsen. In den Bächen sind sie normalerweise gut aufgehoben. Ein Teil der Jungforellen bleibt langfristig im kleinen Fliessgewässer. Ein anderer Teil macht sich irgendwann auf in grössere Gewässer, sei es ein Fluss oder ein See. Gerade bei Seeforellen ist die Wanderung sehr gut untersucht.

Die jungen Forellen der Vierwaldstätterseezuflüsse wurden mit kleinen Markern ausgestattet und die Abwanderung konnte danach beim Seeeinfluss mithilfe von zwei Antennen rund um die Uhr überwacht werden. (Quelle: Dermond & Brodersen, 2018)

Generell wandern die meisten jugendlichen Seeforellen in ihrem zweiten Lebensjahr, im Schnitt etwa mit 15cm Länge, von ihrem Geburtsort in den See ab. Grössere Jungforellen steigen dabei früher ab als kleinere Artgenossen. Vermutlich ist für die kleinen Individuen die Gefahr im See gefressen zu werden zu gross. Die Auswanderungszahlen unterscheiden sich je nach Fliessgewässer und können unter 10%, aber auch bei über 50% der Jungforellen liegen. Entscheidend dafür sind zum einen genetische Komponenten, aber unter anderem auch die Umweltbedingungen im Fliessgewässer.

 
Eine Forelle welche im zweiten Lebensjahr markiert wurde (Bild links) und bald darauf in den See abstieg. Rund 2.5 Jahre später wurde dieselbe Forelle beim Aufstieg aus dem See wiedergefangen. Dies ist auch gut am Punktmuster auf und hinter dem Kopf zu erkennen. Für diese Forelle hat sich die risikoreiche Strategie ausgezahlt. Der Grössen- und Gewichtszuwachs ist deutlich sichtbar. (Bilder: Eawag)

Bachforellen aus kleinen Fliessgewässern

Bei Bachforellen ist weniger bekannt über die Abwanderung in grössere Fliessgewässer. Resultate aus Belgien zeigten allerdings bereits 1979, dass aus einem kleinen Fliessgewässer jedes Jahr natürlicherweise rund 470 Bachforellen abstiegen.

Bei Untersuchungen im Kanton Aargau wurde angeschaut, wie und ob Besatzfische in einem Aufzuchtgewässer abwandern.


Mit dem Netzkorb wurden abwandernde Fische im Schalchmatthaubächli erfasst. (Quelle: Kreienbühl & Vonlanthen, 2017)

Dabei wurde festgestellt, dass innerhalb von zwei Jahren über 300 Bachforellen abwanderten. Bei Hochwassern konnten die Erhebungen mit einem Fangkorb zudem nicht gemacht werden. Es ist also anzunehmen, dass die effektive Anzahl der Absteiger noch höher liegt. Der überwiegende Teil (>85%) wanderten im zweiten Lebensjahr mit einer Grösse von 8-20 cm ab.

Histogramme der Längenverteilung (in mm) der gefangenen Forellen im Netzkorb des Schalchmatthaubächli aus den beiden Jahren 2015 und 2016. In rot ist die ungefähre Abgrenzung der Jahrgänge 0+ und 1+ eingezeichnet. 91.9% der Fische wurden zwischen April und Juni gefangen. (Quelle: Kreienbühl & Vonlanthen, 2017)

Die gängige Praxis, bei der Besatzforellen in Aufzuchtbächen bereits als Sömmerlinge wieder elektrisch abgefischt werden, ist also nicht passend zum natürlichen Verhaltensmuster. Ein grosser Teil der abwandernden Fische in der Studie stammte aus Besatz. Im schlussendlichen Fang machen die Besatzfische allerdings nur 10% aus. Da die Wanderung und auch die Naturverlaichung im kleinen Zufluss funktioniert wurde empfohlen den Besatz einzustellen und eine natürliche Bachforellenpopulation im kleinen Zufluss zu ermöglichen.

Eine ähnliche Untersuchung wurde ebenfalls im Kanton Basellandschaft durchgeführt. Die Resultate waren sind durchaus vergleichbar. In beiden Versuchsjahren wurden im untersuchten Bach über 1000 absteigende Brütlingseinheiten festgestellt (1164 & 1679) was jeweils deutlich mehr war als besetzt wurde (750 Brütlinge pro Jahr).

MonatArtBrütlings-
Einheit
AprilBachforelle61
MaiBachforelle333
JuniBachforelle257
JuliBachforelle189
AugustBachforelle127
SeptemberBachforelle197
1'164

Die Abwanderung aus dem Fluebach im 2012 dargestellt von April bis September. Während 20 Tagen war der Netzkorb wegen Geschiebetrieb, Hochwasser und Ferien nicht in Betrieb.

Kleine Fliessgewässer können also durchaus eine wichtige Rolle spielen, zum einen für die natürliche Fortpflanzung, zum andern auch als Jungfischhabitat. Ein guter ökologischer Zustand und eine gewährleistete Fischgängigkeit ist wichtig für die Funktion der kleinen Fliessgewässer. Wo nötig müssen diese Bedingungen wiederhergestellt werden

Links

Eawag Seeforellenprojekt

Bericht «Seeforellenwanderung im Vierwaldstättersee und seinen Zuflüsssen»
Link zum PDF

FIBER Broschüre kleine Fliessgewässer

Fischgängigkeit ...