Durch unkontrollierte Jagd war der Biber in der Schweiz bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts ausgerottet. 70 Jahre nach den ersten Wiederansiedlungen leben heute wieder rund 5000 Biber an unseren Gewässern. Der Biber ist ein Ökosystem-Ingenieur. Er kann mit seinen Dämmen ganze Landschaften verändern und schafft dadurch sehr artenreiche Lebensräume. Zu den bekannten positiven Effekten des Bibers zählen unter anderem der Eintrag von Totholz, der Rückhalt von Feinsedimenten, die Speicherung von Wasser und die Förderung von mäandrierenden Flüssen. Der Totholzeintrag kann laut einer nordamerikanischen Studie bis zu 1300kg pro Biber und pro Jahr betragen (Johnston & Naiman, 1990). Dieses Totholz dient vielen Organismen im Fluss als Futter und Versteckmöglichkeit. Biberdämme sind temporäre Bauwerke. Durch Hochwasser können sie in regelmässigen Abständen beschädigt oder sogar zerstört werden.
Barrierefreiheit für die Fische?
So mancher Fischer begegnet dem Biber und seinen Bauwerken am Wasser. An den Flüssen und Seen ist der Biber meist gern gesehen. Allerdings befürchten viele, dass die Bemühungen für die Fischgängigkeit an den kleinen Bächen durch die Biberdämme beeinträchtigt werden. Eine Studie des Bundesamts für Umwelt und der Nationalen Biberfachstelle hat nun aber gezeigt, dass sowohl in natürlichen als auch in kanalisierten Bächen die Dämme für Forellen, Alet und sogar für Groppen überwindbar sind. Untersucht wurden dafür drei verschiedene Typen von Biberdämmen in drei Bächen. Die Auswahl bestand aus einem stark eingetieften und kanalisierten Bach, einem kanalisierten aber nur wenig eingetieften Bach sowie einem naturnahen Bach mit Seitenarmen über das Umland. Es wurde versucht, möglichst alle Fische unter- und oberhalb der Biberdämme einzufangen und mit Chips in der Bauchhöhle (PIT-Tags) zu besendern. Anschliessend konnte jeder einzelne Fisch mittels fix installierten Antennen zweifelsfrei identifiziert und deren Bewegungen, während 7-9 Monaten, verfolgt werden.
Im Folgenden werden die drei Dämme und die Resultate kurz vorgestellt.

Der Tegelbach, Bild: Thomas Kreienbühl
Der Tegelbach (Gachnang, TG) fliesst begradigt und in eingetieftem Gerinne. Der Damm misst 1.2m Höhe ab dem Bachgrund und war für Forellen passierbar. 45 Forellen überwanden im Tegelbach den hohen Biberdamm (31% der Anschwimmer die sich dem Damm genähert und somit eine Motivation zum Aufsteigen gezeigt haben).

Der Chriesbach, Bild: Thomas Kreienbühl
Der untersuchte Biberdamm im Chriesbach (Dübendorf ZH). Ein kanalisierter aber wenig eingetiefter Bach mit beidseitig kleinem «Vorland». 40% der anschwimmenden Forellen, 48% der Alet und 36% der Groppen konnten den Damm im Chriesbach überwinden.

Der Schwarzbach, Bild: Silvan Minnig
Der Biberdamm am Schwarzbach liegt in einem Gebiet mit natürlicher Flussmorphologie. Bei erhöhtem Wasserstand nach Niederschlägen suchte sich das Wasser einen Weg über den Damm und auch über die angrenzende Aue. So ist es nicht erstaunlich, dass rund 70% der Forellen den Damm passieren konnten.
Die wichtigsten Erkenntnisse zur Fischwanderung über die untersuchten Biberdämme
· Natürliche Flüsse sind besser für die Fischgängigkeit
In einem Bach mit guter seitlicher Vernetzung, in dem die Biberdämme eher niedrig sind und die Kraft des Wassers über eine breite Rinne verteilt ist oder schnell Seitenkanäle bildet, ist der Aufstieg für die Fische leichter. Am meisten Forellen-Aufstiege verzeichnete der Schwarzbach mit seinem seitlich offenen Gerinne (lateral vernetzt) mit 70% der Anschwimmer. Am wenigsten Aufstiege wurden am Tegelbach beobachtet (stark eingetieftes Gerinne) mit 31% der Anschwimmer. Das Ergebnis des Chriesbachs mit kleinem beidseitigem Vorland lag dazwischen (40% der Anschwimmer).
· Fischab- und Fischaufstieg finden vor allem während und nach Niederschlagsereignissen mit erhöhtem Abfluss statt
Die meisten Fischabstiege über die Biberdämme fanden nach einem Regenereignis mit erhöhtem Abfluss statt. Die meisten Aufstiegsereignisse korrelieren ebenfalls direkt mit erhöhten Abflüssen und damit mit Niederschlag. Diesen Effekt, den Hochwasser auf den Aufstieg verschiedener Fischarten haben können, konnten auch Lokteff et al. (2013) in den USA, Needham et al. (2025) und Ode in Deutschland (in Vorb.) nachweisen.
· Trockenperioden erschweren die Passage über Biberdämme
Umgekehrt zeigte die vorliegende Studie, dass der Fischaufstieg durch Biberdämme in Trockenzeiten schwieriger sein kann. Solche trockenen Perioden sind zeitlich jedoch eingeschränkt und haben auf Fischarten, die nicht auf ausgedehnte Wanderungen im Lebenszyklus angewiesen sind, kaum Auswirkungen.
· Der Aufstiegserfolg ist abhängig von der Länge der Fische
Für kleinere Forellen zwischen 10 bis ca. 15 cm scheinen Biberdämme schwieriger zu überwinden als für grössere Forellen. Ab rund 22.5 cm (Tegelbach), 20 cm (Chriesbach) resp. 15 cm (Schwarzbach) scheinen die Dämme für die meisten Forellen kein Hindernis mehr dazustellen.
Welchen Einfluss hat der Biber auf die Fische?
Der positive Einfluss des Bibers auf die Fliessgewässer und ihre Vielfalt sind divers und gut dokumentiert (z.B. Minnig et al., 2024). Es geht dabei schliesslich um einheimische Arten, welche seit Jahrtausenden in unseren Gewässern nebeneinander vorkommen. Es können lokal Konflikte zwischen Biber und Fisch bestehen, welche lösbar sind. Darunter gehören unter anderem die zeitlich gebundene Laichwanderung von Fischen, Biberdämme in Fischaufstiegshilfen oder Biberdämme in kleinen Fliessgewässern mit mangelhafter Abflussdynamik; also zum Beispiel Gewässer mit fehlenden Hochwassern. Von Problemen bei der Laichwanderung scheinen vor allem Herbst- und Winterlaicher wie Forellen und Lachse betroffen zu sein. Die Auswirkungen auf die Laichwanderung können dabei von sehr schwach bis sehr stark sein und hängen insbesondere vom Wasserabfluss ab (Cook, 1940; Rupp, 1955, Kesminas, 2013, Needham et al., 2025).
Ebenfalls spannend ist der Einfluss des Bibers auf die Fischartengemeinschaften. In einer Studie an fünf Bächen in Litauen wurde festgestellt, dass die Fischartenvielfalt in Biberteichen von 9 auf 15 Arten anstieg. Der Biber kann also die Fischartenvielfalt durch die Bildung von vielfältigen Strukturen fördern. Die Bachforelle gehörte in dieser Studie nicht zu den Gewinnerinnen dieser Entwicklung und wies eine tiefere Biomasse auf im Vergleich zu nicht beeinflussten Bachstrecken (Kesminas 2013). Profitieren konnten in den untersuchten Flussstrecken vor allem Hasel, Rotaugen, Egli und Elritzen. Andere Studien zeigen auch einen Anstieg der Bachforellendichte und Biomasse in Biberstrecken im Vergleich zu Kontrollstrecken (z.B. Minnig et al., 2024).
Auch die Bachforelle kann also von der Rückkehr des Bibers profitieren. Eine häufige Frage insbesondere im Hinblick auf die Zukunft ist auch der Einfluss des Bibers auf die Wassertemperatur und den Wasserrückhalt. Während die Messungen der Temperaturen in den Staubereichen der Biberdämme in den drei untersuchten Schweizer Bächen im Sommer kühlere Temperaturen feststellen konnten, waren die unterhalb liegenden Strecken nicht beeinflusst. Viele Faktoren wie Beschattung, Geologie, Boden, Verweildauer des Wassers im Biberteich, Austausch zwischen Bachwasser und Grundwasser und anschliessendem Rückfluss in den Bach über den Boden spielen hier herein (Minnig et al., 2024). Geeignete Biberteiche können damit unter Umständen als Kälterefugien im Sommer dienen. Unterschiedliche Studien machen hierzu allerdings uneinheitliche Aussagen, weshalb der Einfluss auf die Wassertemperatur wohl standortabhängig ist (Rosell et al., 2005). In Zukunft dürften weiter sowohl schnelle Hochwasserspitzen als auch Trockenperioden häufiger werden (Hydro CH-2018). Die Biberdämme helfen hierbei erwiesenermassen beim Wasserrückhalt und können dabei auch Hochwasserspitzen puffern. Dies kommt auch den Fischen zugute, wie zum Beispiel positive Resultate vom Schlossbach in Rümligen (BE) aus der Praxis zeigen (Minnig et al., 2022; Minnig et al., 2025).
Zusammenfassend könnte man sagen, dass der Biber das Erscheinungsbild der Fliessgewässer auf jeden Fall verändern und die Biodiversität und die Fischbiomasse erhöhen kann. Gerade im Angesicht des Klimawandels kann der Biber positive Aspekte für viele Fische bringen. Bei der Fischgängigkeit kann es bei saisonalen Fischwanderungen in Trockenperioden zu Einschränkungen für die Fischwanderung kommen. Fische können Biberdämme aber in Bächen mit regelmässigen Abflussänderungen nach Niederschlägen in der Regel ohne grosse Einschränkungen überwinden.
Quelle zu den Resultaten der Fischwanderung an Biberdämmen
Verhalten von Fischen an Biberdämmen - Untersuchungen mit PIT-Tags, Kreienbühl, 2025.
Mehr Infos rund um den Biber bei der Biberfachstelle
www.biberfachstelle.ch
Der Einfluss des Bibers auf die Biodiversität
Bericht Minnig et al., 2024
Weitere wissenschaftliche Literatur
Needham et al. 2025