Überschwemmen-Trockenfallen-Überschwemmen - in vielen Fliessgewässern der Schweiz schwankt der Wasserstand mehrmals täglich aufgrund der Stromproduktion, man spricht von Schwall-Sunk. Das Gewässerschutzgesetz verlangt, dass die wesentlichen negativen Auswirkungen auf die Gewässerlebensräume saniert werden. Die Kantone haben dazu im Rahmen der strategischen Planung 102 sanierungspflichtige Kraftwerke identifiziert (BAFU, 2015).
Für die Sanierung von Schwall-Sunk ordnen die Behörden bauliche Massnahmen an, wie z.B. die Schaffung von Beruhigungsbecken. Bei Bedarf können auch betriebliche Massnahmen zum Einsatz kommen (d.h. Anpassung Turbinenbetrieb). Ein neu erschienener Artikel beleuchtet die Wirksamkeit von kleinräumigen baulichen Aufwertungsmassnahmen auf die Häufigkeit und Vielfalt von aquatischen Insekten, zeigt aber auch Wissenslücken auf.
Wasserinsekten werden in ihrer Entwicklung vielfältig durch Schwall-Sunk beeinflusst. Die Auswirkungen auf das Larvenstadium sind dabei am besten dokumentiert. Einflüsse auf den Schlupf und die Eiablage sind dagegen weitgehend unbekannt. Es gibt Hinweise darauf, dass die Eiablage einen entscheidenden Faktor für die Insektenmenge und die Vielfalt darstellt.
In Schwall-Sunk beeinflussten Abschnitten verlagert sich die Zusammensetzung der Insekten generell hin zu strömungsliebenden Arten und damit weg von Arten, welche strömungsarme Abschnitte bevorzugen. Durch das Trockenfallen von Flachwasserbereichen können Eier, Puppen und nicht-mobile Larven schon ab einer Dauer von einer Stunde eine um 80% erhöhte Sterblichkeit aufweisen. Auch die Verstopfung des Kieslückensystems durch Feinsedimente (Kolmation) oder die Auswaschung von gewissen Substraten verringert die Verfügbarkeit von wertvollen Lebensräumen in und auf der Flusssohle. Weiter wird auch die Nahrungsgrundlage der aquatischen Insekten beeinträchtigt, zum Beispiel durch das verstärkte Abschwemmen von Blattmaterial und den Abrieb des Algenbewuchses (Biofilm) auf der Flusssohle. Selbstverständlich sind durch diese Einwirkungen nicht alle Insektenarten gleichermassen betroffen.
Kleinräumige baulich-morphologische Massnahmen wie Totholzstrukturen können helfen die Lebensbedingungen lokal zu verbessern, indem sie die Strömungsgeschwindigkeit bremsen und pflanzliches Material wie Blätter auffangen. Im Strömungsschatten der Strukturen kann sich auch kleineres Sediment wie Feinkies oder Sand wieder ablagern. Gerade bei kleinräumigen Massnahmen sind Wirkungskontrollen zur Erweiterung der Kenntnisse und des Wissensstands besonders wertvoll. Grossräumige Sanierungen, wie die Veränderung der Abflussschwankungen oder Sedimenteinträge in ein Gewässer beeinflussen ganze Abschnitte. Eine Kombination von kleinräumigen Aufwertungen mit weiteren Massnahmen (wie zum Beispiel betrieblichen Massnahmen zum Abfluss) kann Synergien schaffen. Nach klein- und grossräumigen Sanierungen gibt es Möglichkeiten zur Wiederbesiedelung durch Insekten über Einflug, Verdriften von Insekten flussabwärts, oder durch naturnahe Zuflüsse.