10 Jahre Forschung an invasiven Grundeln

Angekommen sind die unerwünschten Gäste in Basel vermutlich als Larven im Ballastwasser von grossen Rheinschiffen. Die Larven der Grundeln sind nach dem Schlupf nur etwa fünf Millimeter gross und damit nur schwer zu erkennen. Obwohl die Grundeln nicht besonders schwimmstark sind, haben sie sich mittlerweile bereits bis oberhalb des Kraftwerks Säckingen ausgebreitet und es muss mit der Überwindung der nächsten Hürde, dem Kraftwerk Laufenburg, gerechnet werden. Danach wären die Laichräuber bereits vor dem Kraftwerk Klingnau und damit am Tor zur Aare. Zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, natürlich in Abhängigkeit der spezifischen Ausbreitungswege. Um das stromaufwärts gerichtete, selbstständige Durchschwimmen von Fischpässen zu unterbinden, haben die Forschenden um Professorin Patricia Holm eine Grundelsperre entwickelt.

Die Grundeln breiten sich allerdings nicht nur aktiv schwimmend aus, sondern kleben auch ihre Eier als Höhlenlaicher an alle möglichen Gegenstände unter Wasser. Die Eier sind zudem sehr austrocknungsresistent und überleben meist problemlos 24 Stunden an der Luft. Beim Bootstransport hilft also nur eine gründliche Reinigung mit anschliessender Trocknung; inklusive Aussenbordmotor.
Beim Fischen gefangene Grundeln müssen entnommen werden. Die lebendige Hälterung und der Transport von Grundeln sind streng verboten. Ebenfalls verboten ist die Benutzung von Grundeln als Köderfische sowohl lebendig als auch tot. Empfohlen ist hingegen das Verspeisen der Grundeln.

Um der Invasion gebührend entgegentreten zu können wurde im Jahr 2016 die nationale Grundelstrategie entwickelt. Dies geschah in Zusammenarbeit zwischen der Uni Basel, dem BAFU, der Jagd- und Fischereiverwalterkonferenz der Kantone, den Vorstehern der Umweltämter und der Arbeitsgruppe invasive Neobiota (AGIN-D - heute Cercle Exotique). In diesem Prozess wurden alle Involvierten an den Tisch geholt um ein Massnahmenpaket zu diskutieren, zu koordinieren und die entsprechend notwendigen Schritte einzuleiten. Am Schlusssymposium des Grundel-Projekts der Uni Basel wurde erstmals ein Statusbericht zur Grundelstrategie vorgestellt.

Die Zukunft wird zeigen, wie gut die angedachten Prozesse funktionieren. Vollends optimistisch kann man trotz einer guten Strategie nicht sein. Einmal angekommen ist eine Entfernung der Grundeln praktisch ausgeschlossen.

Merkblatt zu den Schwarzmeergrundeln

Merkblatt zur Bootsreinigung

Informationen zum Grundel-Projekt der Uni Basel

Fischabstieg – Wenn Forellen stromabwärts schwimmen

Wenn keine Hindernisse in den Fliessgewässern vorhanden sind, dann können Forellen kürzere oder längere Wanderungen machen. Ein eindrückliches Beispiel ist sicherlich die Seeforellen-Laichwanderung stromaufwärts. Doch bevor eine Forelle stromaufwärts schwimmen kann, muss sie sich normalerweise zu Beginn ihres Lebens erst einmal stromabwärts bewegen. Wann passiert das? Wie viele der Jungforellen wandern ab? Kommt das auch bei Bachforellen vor?

 

Jugendliche Seeforellen

Sobald im Frühling die kleinen Forellen schlüpfen beginnen sie zu wachsen. In den Bächen sind sie normalerweise gut aufgehoben. Ein Teil der Jungforellen bleibt langfristig im kleinen Fliessgewässer. Ein anderer Teil macht sich irgendwann auf in grössere Gewässer, sei es ein Fluss oder ein See. Gerade bei Seeforellen ist die Wanderung sehr gut untersucht.

Die jungen Forellen der Vierwaldstätterseezuflüsse wurden mit kleinen Markern ausgestattet und die Abwanderung konnte danach beim Seeeinfluss mithilfe von zwei Antennen rund um die Uhr überwacht werden. (Quelle: Dermond & Brodersen, 2018)

Generell wandern die meisten jugendlichen Seeforellen in ihrem zweiten Lebensjahr, im Schnitt etwa mit 15cm Länge, von ihrem Geburtsort in den See ab. Grössere Jungforellen steigen dabei früher ab als kleinere Artgenossen. Vermutlich ist für die kleinen Individuen die Gefahr im See gefressen zu werden zu gross. Die Auswanderungszahlen unterscheiden sich je nach Fliessgewässer und können unter 10%, aber auch bei über 50% der Jungforellen liegen. Entscheidend dafür sind zum einen genetische Komponenten, aber unter anderem auch die Umweltbedingungen im Fliessgewässer.

 
Eine Forelle welche im zweiten Lebensjahr markiert wurde (Bild links) und bald darauf in den See abstieg. Rund 2.5 Jahre später wurde dieselbe Forelle beim Aufstieg aus dem See wiedergefangen. Dies ist auch gut am Punktmuster auf und hinter dem Kopf zu erkennen. Für diese Forelle hat sich die risikoreiche Strategie ausgezahlt. Der Grössen- und Gewichtszuwachs ist deutlich sichtbar. (Bilder: Eawag)

Bachforellen aus kleinen Fliessgewässern

Bei Bachforellen ist weniger bekannt über die Abwanderung in grössere Fliessgewässer. Resultate aus Belgien zeigten allerdings bereits 1979, dass aus einem kleinen Fliessgewässer jedes Jahr natürlicherweise rund 470 Bachforellen abstiegen.

Bei Untersuchungen im Kanton Aargau wurde angeschaut, wie und ob Besatzfische in einem Aufzuchtgewässer abwandern.


Mit dem Netzkorb wurden abwandernde Fische im Schalchmatthaubächli erfasst. (Quelle: Kreienbühl & Vonlanthen, 2017)

Dabei wurde festgestellt, dass innerhalb von zwei Jahren über 300 Bachforellen abwanderten. Bei Hochwassern konnten die Erhebungen mit einem Fangkorb zudem nicht gemacht werden. Es ist also anzunehmen, dass die effektive Anzahl der Absteiger noch höher liegt. Der überwiegende Teil (>85%) wanderten im zweiten Lebensjahr mit einer Grösse von 8-20 cm ab.

Histogramme der Längenverteilung (in mm) der gefangenen Forellen im Netzkorb des Schalchmatthaubächli aus den beiden Jahren 2015 und 2016. In rot ist die ungefähre Abgrenzung der Jahrgänge 0+ und 1+ eingezeichnet. 91.9% der Fische wurden zwischen April und Juni gefangen. (Quelle: Kreienbühl & Vonlanthen, 2017)

Die gängige Praxis, bei der Besatzforellen in Aufzuchtbächen bereits als Sömmerlinge wieder elektrisch abgefischt werden, ist also nicht passend zum natürlichen Verhaltensmuster. Ein grosser Teil der abwandernden Fische in der Studie stammte aus Besatz. Im schlussendlichen Fang machen die Besatzfische allerdings nur 10% aus. Da die Wanderung und auch die Naturverlaichung im kleinen Zufluss funktioniert wurde empfohlen den Besatz einzustellen und eine natürliche Bachforellenpopulation im kleinen Zufluss zu ermöglichen.

Eine ähnliche Untersuchung wurde ebenfalls im Kanton Basellandschaft durchgeführt. Die Resultate waren sind durchaus vergleichbar. In beiden Versuchsjahren wurden im untersuchten Bach über 1000 absteigende Brütlingseinheiten festgestellt (1164 & 1679) was jeweils deutlich mehr war als besetzt wurde (750 Brütlinge pro Jahr).

MonatArtBrütlings-
Einheit
AprilBachforelle61
MaiBachforelle333
JuniBachforelle257
JuliBachforelle189
AugustBachforelle127
SeptemberBachforelle197
1'164

Die Abwanderung aus dem Fluebach im 2012 dargestellt von April bis September. Während 20 Tagen war der Netzkorb wegen Geschiebetrieb, Hochwasser und Ferien nicht in Betrieb.

Kleine Fliessgewässer können also durchaus eine wichtige Rolle spielen, zum einen für die natürliche Fortpflanzung, zum andern auch als Jungfischhabitat. Ein guter ökologischer Zustand und eine gewährleistete Fischgängigkeit ist wichtig für die Funktion der kleinen Fliessgewässer. Wo nötig müssen diese Bedingungen wiederhergestellt werden

Links

Eawag Seeforellenprojekt

Bericht «Seeforellenwanderung im Vierwaldstättersee und seinen Zuflüsssen»
Link zum PDF

FIBER Broschüre kleine Fliessgewässer

Fischgängigkeit ...